Jagd auf die Saison
Im Herbst beginnt wieder die heißersehnte Wildsaison. Heißersehnt? Für die einen bestimmt; für die anderen bestimmt weniger. Denn keine Saisonspezialität ist so arbeitsaufwendig wie die Wildspezialitäten. Und bei keiner anderen Spezialität gehen die Ansichten über die Zubereitung so weit auseinander. Ein Problem, dass jedes Jahr von neuem zu beobachten ist, ist der verfrühte Beginn der Wildsaison. Denn wer bereits im August mit Wild beginnt, hat entweder noch gefrorenes Fleisch vom letzten Jahr, oder aber er versorgt sich mit Importwild.
Auch sind Rotkraut und Rosenkohl im August noch nicht genügend aus einheimischen Freilandkulturen vorhanden und es muss somit zu überzüchteter Treibhausware oder Konserve gegriffen werden. Schuld an dieser Situation sind sicher nicht nur die Wirte. Nein, es sind natürlich auch die Gäste, die einfach nicht mehr lange genug warten können, bis die Wildsaison so weit ist. Vielfach hat der Küchenchef gar keine Chance, sich gegenüber seinen Gästen für ein Saisongegrechtes Angebot durchzusetzen. Der Zahlende ist König und wenn dieser es wünscht, ist das Wild verfrüht zu servieren. Dazu kommt noch vielfach der falsche Ehrgeiz verschiedener Küchenchefs, um dieses Jahr für einmal „der Erste“ zu sein.
Muss das so sein?
Ist Wild überhaupt noch aktuell?
Eine Frage, die bestimmt berechtigt ist. Denn in vielen Betrieben ist die Wildsaison ein richtiges „Muss“ für die Küche. Da genügt oft schon ein Blick auf die Speisekarte und man weiß bereits Bescheid. Vielfach geht es gar nicht mehr über die obligaten Rehschnitzel und den Pfeffer hinaus. Liegt nun das an der Küche oder liegt es daran, dass unsere Kundschaft gar nichts anderes wünscht? Eine Frage, die vielleicht einigen Berufsleuten in den falschen Hals geraten könnte. Denn eine abwechslungsreiche Küche bietet das Wild auf jeden Fall. Und in vielen Betrieben wird dies auch regelmäßig ausgenützt und vorgezeigt. Aber – man sollte es jenen Köchen überlassen, die sich damit zurechtfinden und auch die nötige Freude dazu aufbringen. Der Rest soll es doch lieber bleiben lassen. Lieber eine phantasievolle, tolle Wildkarte mit absolut frischen Produkten während der Saison als einfach nur dazugehören zu wollen und von Anfang August bis an Weihnachten das ohnehin schon schwache Angebot der Speisekarte durch gefrorene und importierte 0815-Wildgericht noch ein wenig aufzumöbeln!